Referent: Prof. Dr. Rüdiger Krause, Universität Frankfurt
Samstag, den 19. Juni 2010
Im Südwesten Sibiriens haben im Jahre 2008 russische und deutsche Archäologen sowie Naturwissenschaftler der Akademie der Wissenschaften in Jekaterinburg und der Goethe-Universität in Frankfurt ein interdisziplinäres Projekt zur Erforschung von befestigten Siedlungen der Bronzezeit im so genannten „Land der Städte“ begonnen. Dabei stehen archäologisch-naturwissenschaftliche Untersuchungen in einer bronzezeitlichen Siedlungskammer im Tal des Karagajly-Ajat (Oblast’ Čeljabinsk) mit drei der befestigten Siedlungen im Mittelpunkt.
Hier im Südwesten Sibiriens, im sog. Trans-Ural, finden wir am Übergang von der Waldsteppe zur Steppe an der Wende vom 3. zum 2. Jahrtausend eine Reihe von Neuerungen, deren Herkunft und Genese bislang unbekannt sind. Vordergründig sind dies am südöstlichen Ende des Urals befestigte und systematisch gegliederte Siedlungen der Sintašta- und Petrovka-Kultur, Kurgane mit differenzierten Bestattungen in Schachtgräbern und als Ausstattungen einzelner Individuen vielspeichige zweirädrige (Streit)Wagen sowie Metallartefakte als Kennzeichen ihres sozialen Rangs.
Das internationale Forscherteam, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) sowie der Russischen Stiftung für Geistes- und Sozialwissenschaften (RGNF) unterstützt wird, verfolgt dabei vor allem die wichtige und bislang nicht beantwortete Frage nach der Wirtschaftsweise und nach dem Umfang von Ackerbau zur Zeit der befestigten Siedlungen in der Sintašta-Kultur. Ackerbau und der postulierte Getreideanbau zählen wie die weithin sichtbar entwickelte Metallurgie zu den Neuerungen in der Steppe, die den hohen kulturellen Status dieser bronzezeitlichen Gemeinschaften in den befestigten Siedlungen unterstreichen.