Bejkusch – ein Heiligtum des Achilleus aus der Zeit der griechischen Kolonisation am unteren Bug

Referent: Dr. Sergej B. Bujskikh, Institute of Archaeology, National Ucrainian Academy of Sciences, Kiew

Mittwoch, den 06. März 2002

Verbreitungsorte des als Heros und Gott verehrten Achilleus sind im nordwestlichen Pontosgebiet sehr gut bekannt. In erster Linie wären hier das panhellenische Heiligtum des Achilleus auf der Insel Leuke (Zmeinyj) und auch andere Regionen und Denkmäler zu erwähnen, wo seine Verehrung durch literarische, epigraphische und archäologische Quellen bezeugt ist, wie dies bei Olbia, Borysthenes (Berezan), dem Hain der Hekate auf der Kinburunsker Landzunge und dem Achilleusdromos auf der Tendrovsker Landzunge der Fall ist.

Weniger bekannt als Kultort des Achilleus ist das Kap von Bejkusch bei Otschakov (zwischen den Limanen von Berezan und Bejkusch), wo eine Siedlung des 6. bis 5. Jh. v. Chr. existiert hatte. Entdeckt bereits im Jahre 1904 durch Ernst von Stern, sind hier erst in den Jahren 1967 bis 1968 von A. S. Rusjaeva (Archäologisches Institut der Ukrainischen Akademie der Wissenschaften zu Kiev) Ausgrabungen durchgeführt worden. Damals wurden in den Füllungen der Gruben 73 keramische Scheiben gefunden, von denen die meisten Graffiti mit Widmung an Achilleus oder magische Zeichen oder eine Kombination von beiden aufwiesen. Das gab Grund zur Annahme, dass diese entdeckten Kultgegenstände in Verbindung mit Kultpraktiken der ionischen Kolonisten am unteren Bug standen, bei denen der Achilleuskult sich großer Popularität erfreute.

Die Arbeiten von S. B. Bujskich in den Jahren 1985/86, 1995/6 (Archäologisches Institut der Ukrainischen Akademie der Wissenschaften zu Kiev) bestätigten dies und lieferten neue, eindeutige Materialien, die hier eine intensive Praktizierung des Achilleuskultes im 6. und 5. Jh. v. Chr. bezeugten. Im Verlauf dieser Arbeiten wurden ungefähr 2000 qm der Fundstelle erforscht, wobei mehr als 150 unterschiedliche Anlagen entdeckt wurden, die in die Erde eingetieft waren, aber auch unterirdischen und oberirdischen Charakter besaßen wie Grotten, Favissae, Bothroi, Altäre usw. Der überwiegende Teil der entdeckten Objekte besitzt einen ausgesprochen kultischen Charakter. Dies bezeugen die konstruktiven Besonderheiten, die Planung, die Anordnung zueinander sowie die Grubenfüllungen. Zu den Funden mit ausgesprochen sakralem Charakter gehören in erster Linie zahlreiche (mehr als 300) Votivgaben aus Ton, Knochen und Stein mit Graffiti (dazu auch solche mit zwei und drei Zeilen), die Widmungen an Achilleus aufweisen und magische Zeichen wie Sonne, Pfeil, Schlange, menschliche Figuren, Zickzacklinie usw. besitzen. Weiter folgen aus Ton hergestellte kleine Kultbrote und solche in Form von Plätzchen, verschiedene Amulette aus Knochen, Ton, Metall, Fayence, Astragale, Kieselsteine, prämonetäre olbische Pfeilspitzen, frühe Münzen in Form von Delphinchen, ferner zahlreiche Scherben bemalter griechischer Keramik attischer und ostgriechischer Provenienz, Lampen, Luterien, Terrakotten usw.

Die Resultate der letzten Ausgrabungen zusammen mit den bereits bei früheren Forschungen hier geborgenen Materialien geben Grund zur Annahme, dass Kap Bejkusch von der Mitte des 6. bis Anfang des 5. Jh. v. Chr. eines der frühesten und bedeutendsten Kultorte des Achilleus im nordwestlichen Schwarzmeergebiet gewesen ist, der zu den renommiertesten Heiligtümern der griechischen Kolonisten in dieser Region gehört hatte.