Die Späte Bronzezeit in Moldawien

Referent: Dr. Eugen Sava, Institute of Archaeology and Ancient History – Kishinev / Moldova

Montag, den 18. Juni 2001

Die kulturgeschichtliche Entwicklung in Südosteuropa ist in den letzten Jahrhunderten des 2. Jahrtausends v. Chr. durch das Auftreten mehrerer Kulturen gekennzeichnet, deren materielle Kultur – in einem ziemlich großen Territorien vom Dnepr bis zu den Westkarpaten – sehr einheitliche Züge zeigt.

Eine Reihe von charakteristischen Elementen der bereits zu Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckten Denkmäler der Bronzezeit erlaubten es I. Nestor, eine neue spätbronzezeitliche Kultur im karpaten-balkanischen Raum zu definieren, die seitdem als Noua-Kultur bekannt ist. Die darauf folgenden Forschungen haben seine Beschreibung der Kultur mit neuen Informationen und Argumenten weiter untermauert. In den 50er bis 60er Jahren hat A.I. Meljukova auch im Zwischenstromland von Pruth und Dnestr eine Gruppe von Noua-Siedlungen erforscht. Sie hat damit die Verbreitung der Kultur auch außerhalb der heutigen Verwaltungsgrenzen Rumäniens belegt. Südlich und östlich des Verbreitungsareals der Noua-Kultur und bis zum Dnepr-Becken hin ist die Spätbronzezeit durch Funde vom Typ Sabatinovka vertreten. Obwohl bereits Ende des 19. Jahrhunderts erste Funde zutage gekommen waren, wurden sie erst in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts von O.A. Krivcova-Grakova (1955) als zu einer selbständigen Kultur gehörend erkannt. Nach Meinung von S. Morintz ist die Coslogeni-Kultur der Dobrud¥a besonders eng mit der Sabatinovka-Kultur verbunden, ihre genetischen Wurzeln seien im östlichen Dnepr-Gebiet zu suchen.

Heute gilt für die Spätbronzezeit von den Karpaten bis zum Dnepr eine Gruppe von Denkmälern, die in der Fachliteratur als Kulturkomplex (oder Kulturblock) Noua-Sabatinovka-Coslogeni bezeichnet wird, als eine der charakteristischsten bronzezeitlichen Kulturerscheinungen in Südosteuropa. Die meisten spätbronzezeitlichen Kulturen von den Ostkarpaten bis zur Wolga – sowohl in der Waldsteppenzone als auch in der Steppe, und dort besonders prägnant in den nordpontischen Steppen – weisen eine sehr einheitliche materielle Kultur und eine Standardisierung der Bestattungssitten auf, die sowohl in den Hügel- als auch in den Flachgräbernekropolen in gleicher Form auftritt. Das zeigt, daß der von diesen Kulturen belegte Raum insgesamt von Menschen besiedelt worden ist, die ursprünglich eine gemeinsame Herkunft hatten. In der Mittelbronzezeit und besonders in ihrem späten Abschnitt wurde die Entwicklung der Kulturgruppen zwischen Pruth und Dnestr von einem Ineinanderfließen zweier Kulturströmungen, einer osteuropäischen aus den Steppen und einer balkano-donauländischen, geprägt. In manchen Entwicklungsetappen kamen noch direkte oder indirekte Impulse aus Mitteleuropa hinzu. Manchmal spielten in diesem Prozeß auch ägäisch-anatolische und kaukasischen Einflüsse eine Rolle. Einen der Hauptbereiche dieses sehr großen Kulturraums bildeten die Kulturen Noua-Sabatinovka, deren Entwicklung durch frühallstattzeitliche Kulturerscheinugen gestoppt wurde. Die Konsolidierung eines einheitlichen weiträumigen Kulturkomplexes in seiner Entstehungsphase der Spätbronzezeit, in der sich harmonisch „westliche“ (Monteoru-, Komarowo-, Costisa- und Wietenbergkultur) und östliche Elemente (Balkengrab-Kultur oder Mehrwulstkeramik-Kultur) verflechten, kann nur durch eine allgemeine und radikale Änderung der historischen Situation im ganz Ost- und Südosteuropas erklärt werden.